Das wollten wir unbedingt testen und dies möglichst im Anschluss an Izu, damit wir unseren weiteren Trip mit oder eben ohne Camper planen können. Wer uns kennt weiß ja, dass wir sehr spontan unterwegs sind oder wie es manch einer nennen würde, eher planlos. Unsere Pläne entwickeln sich ja erst während der Reise, abhängig von unseren Eindrücken. Schnell durch möglichst viele Länder zu hecheln ist eher nicht unser Ding. Dies hat bestimmt auch so seine Vorteile, aber daran, dass mir persönlich gerade kein einziger einfällt, merkt man ja, dass wir eher die gemächlich Reisenden sind. Gefällt uns ein Ort, bleiben wir einfach. Da ist es natürlich ein absolutes Plus, wenn man wie wir ein Sabbatjahr lang Zeit hat. Der Nachteil ist natürlich, dass man nicht immer das bekommt, was man sich wünscht, weil andere doch einfach schneller sind.
Die Camper-Odyssee in Osaka
So kam es, dass eine Woche bevor wir mit dem Camper starten wollten, schon keiner mehr zur Verfügung stand, zumindest nicht von Japan-Camper. Also schluckten wir die Kröte (🤭) und buchten trotz durchwachsener Rezensionen ein Fahrzeug bei Samurai-Camper. Diesen holten wir nach einer 1 1/2-stündigen Fahrt mit Bus und Bahn durch Osaka im Nirgendwo ab. Das war vielleicht ein Büro. Naja, nachdem uns der motivierte junge Mann erst den falschen, viel zu kleinen Camper gezeigt und eingerichtet hatte, war er blitzschnell bereit, uns doch den großen Nissan NV350 mit Hochdach zu geben, den wir ja auch eigentlich bezahlt hatten. Schön lang zum Schlafen, aber riesig und vor allem verdammt „breit“ gemessen an den Straßenverhältnissen Japans. Diese sind ja unnormal schmal, wie eben auch viele der einheimischen Autos japanischer Hersteller.
Über Brücken und Beton – Anreise nach Shikoku
Nun denn, Marcus traute sich das Fahren mit dem „monströsen“ Gefährt zu und ich konnte mich da sehr gut zurücklehnen (Dachte ich 🫣!). So fuhren wir dann mit dem „Riesen“brummer über Osakas faszinierende Brückenvielfalt (Was für eine Ingenieurskunst!) noch am selben Tag bis nach Shikoku und freuten uns auf unser Abenteuer. Bis auf die Insel fuhren wir allerdings nie durch ländliches Gebiet, sondern nahezu nahtlos durch Betonwüsten und Brückengewirr: Von der Millionenmetropole Osaka über die Großstadt Kōbe ging es über die Akashi-Kaikyo-Brücke, die bis 2022 längste Hängebrücke der Welt auf die kleinere, Shikoku vorgelagerte Insel (Awaji Island). Erst ab da sahen wir neben dem Ozean endlich wieder viele Bäume, Felder und kleinere Bauernhöfe.
Die kleinste der 4 Hauptinseln Japans erreichten wir im Sonnenuntergang, als wir die Ōnaruto-Brücke überquerten. Weltweit bekannt ist diese Brücke wohl durch die dort zu beobachtenden gewaltigen Naruto-Strudel, welche sich beim Wechsel von Ebbe und Flut in der Naruto-Straße des Meeres bilden (Spoiler: Wir hatten kein Glück, aber dennoch war der Abstecher dorthin toll.).



Die erste Nacht – Realität trifft Romantik
Ab jetzt hieß es auch, sich Gedanken darüber zu machen, wo wir nun schlafen würden, wo wir Wasser und Lebensmittel kaufen können u.s.w., der ganze organisatorische Kram eben. Wir hatten gelesen, dass man in Japan kostenlos auf verschiedenen Raststätten über Nacht bleiben kann, auf sogenannten „Michi no Ekis“. Dies sind staatlich ausgewiesene Raststätten in Japan, wo man kostenlos neben Toiletten und Waschmöglichkeiten (meistens Handwaschbecken, selten Dusche) auch über Nacht stehen kann. Meistens gab es auch kleine Läden, wo wir uns bis 17:00 Uhr Snacks kaufen oder im Restaurant essen konnten. Das klingt erstmal super, doch die Ernüchterung kam recht schnell. Wo befinden sich Raststätten normaler Weise? Natürlich an Autobahnen oder größeren Straßen und das hatten wir irgendwie nicht bedacht. Im Camper ist es natürlich nicht Schall isoliert und demzufolge recht laut. Etwas müde und ziemlich erschöpft suchten wir uns dann nach unserer ersten Realitätscheck einen abgelegenen Parkplatz, zwar ruhiger gelegen, aber eben auch mit ranzigeren Toiletten. Egal, Hauptsache erstmal schlafen.
Schlafen im Backofen
Da hatten wir dann ziemlich schnell das zweite Problem. Es war zwar bereits Mitte September, aber dennoch überdurchschnittlich heiß. Wir hatten in diesem minimal ausgestattetem Bus kein Fenster, außer in der Fahrerkabine. Allerdings konnten wir eine Klimaanlage nutzen, die viel Strom fraß und uns laut eisigen Wind um die Nase pustete. Das half erstmal, um die 40°C im aufgeheizten Bus um 22:00 Uhr so zu reduzieren, dass wir zumindest einschlafen konnten. In den kommenden Nächten wurde es zwar nicht kühler, es blieb bei 30°C, aber wir wurden erfinderisch und setzten gekonnt unseren Miniventilator im Wechsel mit der Klimaanlage ein. Wir schmissen die Klimaanlage immer tagsüber während unserer Fahrten an, damit sich der Bus nicht jedes Mal wie eine Sauna aufheizte. Die Hitze bleibt ja einfach im Camper, wirklich wie in einem Bachofen. Moskitonetze gab es leider auch nicht, sonst hätten wir ja im Nirgendwo immer wieder mal die Fenster und Türen offen lassen können.
Egal, das war eben unser Preis für die Unabhängigkeit.
Was gab es eigentlich für eine Ausstattung?
Camperausstattung – zwischen Schlüpfer und Reiskocher
- Ventilator
- Klimaanlage
- einen Beutel gefüllt mit Plastikbesteck und Plastiktellern (vom Vormieter beim Mc Donnalds geklaut?)
- Einen alten Schlüpfer der Vor- oder VorVorVormieter 😝
- Ein Waschbecken mit Wasserkanister und darin abgestandenes Restwasser von anno dazumal
- Dünne und schmale Matratze für 1 Person (Wir waren aber zu zweit)
- 1 Laken
- Reiskocher 😏
- Kleine (!) Isoliertasche
- Mikrowelle
- 2 Campingstühle
- Photovoltaik auf dem Dach und großzügig dimensionierte Zweitbatterie



Unser DIY-Kühlschrank und andere Überlebenstricks
Ein Kühlschrank wäre sehr gut gewesen, aber stattdessen gab es glaube einen Reiskocher. Nun gut, wir sind ja Generation MacGyver und haben uns einen Kühlschrank gebastelt. Wie? Ganz easy: Alle 24 Stunden fuhren wir zum Lawson-Minimarkt und holten uns dort kostenlos eine mittelgroße Tüte Eiswürfel. Diese legten wir gefüllt mit Milch, Butter, Joghurt & Co in die kleine Isoliertasche und das alles dann ins Waschbecken. So hielt sich alles tatsächlich erstaunlich gut. Wir konnten uns so in der Mittagshitze sogar eisgekühlte Getränke zaubern 🪄. Ach ja, die körperliche Hygiene. Den Mangel an Waschmöglichkeiten im Camper glichen wir durch mehrere Onsen-Besuche aus. Dafür bietet Japan wirklich die perfekte Onsen-Infrastruktur.
Unser Fazit: Camperreisen in Japan – ja, aber mit Plan
Man merkt es vermutlich schon, die Ausstattung war vergleichsweise schlecht und die Herausforderung wurde damit um so größer. Im Nachhinein (und tatsächlich auch erst dann 😜) würden wir sagen, dass es sich auf jeden Fall gelohnt hat, so anstrengend diese zwei Wochen auch waren. Wir hatten echt viel Spaß! Klar, wir waren oft unausgeschlafen und erschöpft, aber wir konnten so unfassbar viel entdecken und fühlten uns dabei so wunderbar ungebunden. Würden wir das Reisen mit Camper in Japan empfehlen? Definitiv, allerdings mit einem besseren Fahrzeug samt sinnvollerer Ausstattung und vielleicht eher im Frühling oder Herbst, weniger im Spätsommer.
Ehrlicher Weise müssen wir zugeben, dass uns die Hitze im Camper wirklich schaffte, ebenso wie die 3 Regentage (non stop und Eimerweise), an denen wir durchnässt im muffigen Camper hockten und wenig unternehmen konnten (Onsen, Café und Tempel). Aber für die widrigen Umstände konnte ja die schöne Insel nichts.






